Plötzlich rast das Herz, der Atem stockt und eine Welle starker Angst überrollt den Körper. Das fühlt sich an wie ein Herzinfarkt oder du denkst, du verlierst den Verstand. Für viele Menschen ist das die erschreckende Erfahrung einer Panikattacke. Diese plötzlichen Angstanfälle treten oft ohne einen klaren Grund auf und belasten das Leben stark. Was genau passiert bei einer Panikattacke und wie lernst du, damit umzugehen?
Dieser Artikel erklärt dir, wie du Panikattacken verstehst und bewältigst – und warum Wissen der erste Schritt zu mehr Ruhe ist.

„Inmitten einer Panikattacke schreit dein Körper ‚Gefahr!‘, obwohl dein Verstand weiß, dass du sicher bist. Der wahre Kampf ist, dem Verstand zu glauben und nicht dem Sturm im Inneren.“

Was ist eine Panikattacke?

Panikattacken sind keine Schwäche, sondern eine zu starke Schutzreaktion des Körpers. Eine Panikattacke ist ein plötzlicher Anfall von großer Angst, der innerhalb weniger Minuten seinen Höhepunkt erreicht. Sie ist im Grunde ein Fehlalarm des körpereigenen Alarmsystems. Die „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion schützt uns eigentlich vor echten Gefahren. Bei einer Panikattacke löst der Körper diese Reaktion aber ohne eine wirkliche Bedrohung aus.
Obwohl sich Panikattacken lebensbedrohlich anfühlen, sind sie medizinisch nicht gefährlich. Die stärksten Symptome klingen in der Regel nach 10 bis 30 Minuten wieder ab. Wenn diese Attacken jedoch öfter auftreten und eine ständige Angst vor dem nächsten Anfall entsteht, sprechen Fachleute von einer Panikstörung.

Panikattacke oder Panikstörung – wo ist der Unterschied?

Eine einzelne Panikattacke bedeutet noch nicht, dass du eine Panikstörung hast. Eine Panikstörung liegt erst vor, wenn:
• Panikattacken wiederholt auftreten
• eine starke Erwartungsangst („Angst vor der Angst“) entsteht
• Situationen vermieden werden
Dieser Unterschied ist wichtig, denn er zeigt: Eine einzelne Attacke ist nichts Unnormales.

Die vielfältigen Gesichter der Angst:

Symptome einer Panikattacke: Panikattacken äußern sich durch eine Vielzahl von körperlichen und psychischen Symptomen. Nicht jeder Betroffene erlebt alle Anzeichen, aber für die Diagnose einer Panikattacke müssen mindestens vier der folgenden Symptome plötzlich auftreten:

Körperliche Symptome:

– Herzrasen oder starkes Herzklopfen
– Schwitzen
– Zittern oder Beben
– Atemnot oder das Gefühl zu ersticken
– Engegefühl in der Brust oder Brustschmerzen
– Übelkeit oder Magen-Darm-Beschwerden
– Schwindel, Benommenheit oder das Gefühl, ohnmächtig zu werden
– Hitzewallungen oder Kälteschauer
– Taubheits- oder Kribbelgefühle
– Digitales Dauerfeuer: permanente Erreichbarkeit, Multitasking, soziale Medien
– Chronische Erschöpfung: Schlafmangel, Überreizung, „immer funktionieren müssen“

Psychische Symptome:

– Gefühl der Unwirklichkeit (Derealisation) oder sich selbst fremd zu sein (Depersonalisation)
– Angst, die Kontrolle zu verlieren oder „verrückt“ zu werden
– Todesangst

Diese Symptome werden oft fälschlicherweise als Anzeichen für einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine andere schwere körperliche Erkrankung interpretiert, was die Angst während der Attacke zusätzlich verstärkt.

Warum ich? Mögliche Ursachen und Auslöser

Die genauen Ursachen für Panikattacken sind komplex und oft eine Kombination aus mehreren Faktoren. Es gibt selten den einen, klaren Auslöser.

Vorab: Körperliche Ursachen abklären – Bevor man von einer Panikstörung ausgeht, sollte immer auch eine körperliche Untersuchung erfolgen. Manche körperlichen Faktoren können panikartige Symptome verstärken oder sogar auslösen – z. B.:

• Herzrhythmusstörungen
• Schilddrüsenprobleme
• Vitaminmangel (z. B. B12, D)
• hormonelle Veränderungen
• Eisenmangel
• Medikamentennebenwirkungen

Diese Punkte sollten ärztlich abgeklärt werden, bevor die Diagnose „Panikstörung“ gestellt wird.

Zu den bekannten Risikofaktoren gehören:

Lebensstil: Schlafmangel, übermäßiger Konsum von Koffein, Alkohol oder anderen Substanzen kann die Anfälligkeit für Panikattacken steigern.

Genetische Veranlagung: Eine familiäre Häufung von Angststörungen kann das Risiko erhöhen.

Chronischer Stress: Anhaltende Belastungen im Beruf oder Privatleben können das Nervensystem überlasten.

Belastende Lebensereignisse: Traumatische Erlebnisse wie der Verlust eines geliebten Menschen, ein Unfall oder eine schwere Krankheit können als Auslöser fungieren.

Psychische Grunderkrankungen: Panikattacken treten häufig im Zusammenhang mit anderen psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Zwangsstörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen auf.

Biologische Faktoren: Ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Gehirn (z.B. Serotonin und Noradrenalin) kann eine Rolle spielen.

Neurobiologische Sensitivität / Hochsensibilität: Einige Menschen haben ein empfindlicheres Nervensystem. Reize werden stärker wahrgenommen, Stress baut sich schneller auf. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für Panik – ohne pathologisch zu sein.

Akute Hilfe: Was tun, wenn die Panik kommt?

In einer Panikattacke fühlst du dich oft hilflos. Doch bestimmte Strategien helfen dir, die akute Phase besser zu überstehen:

Kältereize nutzen: Ein starker Kältereiz setzt dein Nervensystem zurück. Trinke ein kaltes Glas Wasser, spritze dir kaltes Wasser ins Gesicht oder halte einen Kühlpack in den Nacken.

Akzeptanz statt Kampf: Kämpfe nicht gegen die Panik an, sondern nehme sie an. Sage dir bewusst: „Ich habe gerade eine Panikattacke. Sie ist unangenehm, aber sie ist nicht gefährlich und geht wieder vorbei.“

Fokus auf die Atmung: Kontrolliere deine Atmung. Das wirkt einer Hyperventilation entgegen. Die 4-7-8-Atemtechnik hilft dir dabei besonders gut:
– Atme 4 Sekunden lang langsam durch die Nase ein.
– Halten den Atem 7 Sekunden lang an.
– Atme 8 Sekunden lang hörbar durch den Mund aus.
Wiederhole das mehrmals.

Erdung im Hier und Jetzt: Richte deine Aufmerksamkeit auf deine Umgebung. So stoppst du das Gedankenkarussell. Die 5-4-3-2-1-Technik hilft dir dabei:

5 Dinge sehen: Nenne fünf Dinge, die du um dich herum siehst.
4 Dinge fühlen: Spüre vier Dinge an deinem Körper, zum Beispiel deine Füße auf dem Boden oder die Kleidung auf deiner Haut.
3 Dinge hören: Höre drei Geräusche in deiner Nähe.
2 Dinge riechen: Rieche zwei verschiedene Gerüche.
1 Ding schmecken: Schmecke eine Sache bewusst.

Co-Regulation über Sinnesreize: Auch äußere Reize können schnelle Beruhigung bringen, zum Beispiel:
• kaltes Wasser über die Handgelenke
• ein kalter Gegenstand in der Hand
• Hände auf die Brust legen
• sich selbst kurz fest umarmen
• Füße fest auf den Boden drücken

Diese einfachen Reize stoppen die Panik oft sehr zuverlässig.

Langfristige Bewältigung: Den Teufelskreis durchbrechen

Strategien für den Notfall helfen direkt im Moment der Panik. Für eine Besserung auf lange Sicht ist es aber wichtig, den „Teufelskreis der Angst“ zu durchbrechen. Der Kreislauf entsteht oft aus der „Angst vor der Angst“. Das führt dazu, dass du vielleicht anfängst, bestimmte Dinge zu vermeiden. Du meidest Orte und Situationen an denen du eine Attacke erlebt hast. Das schränkt deine Lebensqualität stark ein.

Strategien für den Alltag:

• GESUNDER LIEBENSSTIL: Achte auf genug Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung. Sport baut Stresshormone ab und stärkt das Vertrauen in deinen Körper.

• WENIGER ANREGENDE MITTEL: Schränke den Konsum von Koffein, Nikotin und Alkohol ein, denn diese Stoffe verstärken Angstgefühle.

• ENTSPANNUNGSTECHNIKEN: Lerne und übe regelmäßig Entspannungsübungen wie Progressive Muskelentspannung, Yoga oder Meditation. So senkst du deine allgemeine Anspannung.

• VERMEIDUNG BEENDEN: Stelle dich schrittweise und bewusst den Situationen, die du aus Angst vermeidest. Das ist ein wichtiger Schritt, damit dein Gehirn lernt, dass diese Situationen nicht gefährlich sind.

• AKZEPTANZ UND ACHTSAMKEIT: Versuche, die Angst nicht wegzudrängen. Das verstärkt sie oft nur. Sage dir: „Okay, die Angst ist jetzt da. Sie ist unangenehm, aber sie wird auch wieder gehen.“ Achtsamkeitsübungen helfen dir, im Hier und Jetzt zu bleiben, statt in Katastrophenszenarien abzudriften.

• GEMEINSCHAFT UND AUSTAUSCH: Du bist nicht allein, auch wenn es sich während einer Attacke so anfühlt. Der Austausch in Selbsthilfegruppen (ob persönlich vor Ort oder in seriösen Online-Foren) kann unglaublich entlastend sein. Zu sehen, dass andere exakt dasselbe erleben und trotzdem ihr Leben meistern, gibt enorm viel Kraft und bricht die Isolation.

• RADIKALE SELBSTFÜRSORGE: Viele Betroffene haben gelernt, immer zu funktionieren. Deshalb ist bewusste Erholung wichtig: Pausen, Grenzen, Erholung.

• PERFEKTIONISMUS REDUZIEREN: Überhöhte Ansprüche an sich selbst verstärken inneren Druck. Realistische Ziele helfen, Panik langfristig zu reduzieren.

• DIGITALE REIZÜBERFLUTUNG REDUZIEREN: Ständige Reize (Handy, Social Media) überlasten das Nervensystem. Regelmäßige Offline-Zeiten wirken stark beruhigend.

Wann ist eine professionelle Hilfe notwendig?

Wenn Panikattacken immer wieder auftreten, du stark darunter leidest und die Angst vor der nächsten Attacke deinen Alltag einschränkt, hole dir professionelle Hilfe. Ein guter erster Schritt ist dein Hausarzt – er kann abklären, ob körperliche Ursachen ausgeschlossen werden können und dich zu einem Psychotherapeuten oder Psychiater überweisen.

Die kognitive Verhaltenstherapie, kurz KVT, hilft bei Panikstörungen sehr gut. In dieser Therapie lernst du, die körperlichen Anzeichen der Angst richtig zu verstehen und nicht mehr als Gefahr zu sehen. Du erkennst Gedanken, die Angst auslösen – und veränderst diese. Außerdem stellst du dich gezielt den Situationen und Körpergefühlen, die dir Angst machen. So verlernst du die Angst aktiv.

Die Tiefenpsychologie ist eine andere Art der Therapie. Sie geht davon aus, dass unbewusste Vorgänge unser Handeln und Fühlen stark beeinflussen. Das sind zum Beispiel Erinnerungen oder Wünsche, an die wir uns nicht bewusst erinnern, die uns aber steuern. Diese Therapieform schaut sich besonders Erlebnisse aus der Kindheit an. Solche Erfahrungen prägen uns und führen manchmal später zu Problemen. Das Ziel ist, diese verborgenen Zusammenhänge zu verstehen. Wenn du die Ursachen deiner Probleme erkennst, kannst du alte Verhaltensmuster verändern und die Beschwerden lindern.

Medikamentöse Unterstützung: Manchmal ist die Angst so überwältigend, dass eine Psychotherapie allein am Anfang schwerfällt. In solchen Fällen kann, nach Absprache mit einem Facharzt (Psychiater), eine unterstützende medikamentöse Behandlung (z.B. mit speziellen Antidepressiva) sinnvoll sein. Sie kann helfen, wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen, um die Therapie besser nutzen zu können.

Moderne digitale Unterstützung: Die Wege zur Hilfe sind heute vielfältiger. Neben der klassischen Therapie vor Ort gibt es neue Möglichkeiten:

Apps auf Rezept (DIGA): Für Panikstörungen gibt es geprüfte „Digitale Gesundheitsanwendungen“, die Ärzte verschreiben können. Diese Apps bieten strukturierte Programme auf Basis der Verhaltenstherapie für das Smartphone.

Online-Therapie: Viele Therapeuten bieten inzwischen auch Sitzungen per zertifizierter Videosprechstunde an, was den Zugang zur Hilfe erleichtern kann.

Fazit

Panikattacken sind eine ernste Belastung, aber sie sind gut behandelbar. Der wichtigste Schritt ist, das Schweigen zu brechen und zu verstehen, was im Körper passiert. Lerne passende Strategien und hole dir professionelle Hilfe. Das hilft dir, einen Weg aus der Angst zu finden und deine Lebensqualität zurückzugewinnen. Du bist nicht allein.

Weiterführende Infos & Wichtige Anlaufstellen

• Deutsche Angst-Hilfe e.V. (DASH): Informationen und Kontakt zu Selbsthilfegruppen.
• Gesundheitsinformation.de: Wissenschaftlich fundierte Informationen des IQWiG.
• Neurologen und Psychiater im Netz: Fachportal mit Arztsuche und Krankheitsinformationen.
• Telefonseelsorge: Für akute Krisen, anonym und kostenlos unter 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222.

Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Verdacht auf eine körperliche Ursache, neue oder schwere Symptome sollte unbedingt ärztlicher Rat eingeholt werden.


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